Du und ich Teil 7

Das Semester ist fast vorbei. Mein zweites Semester. Noch macht mir das Studentenleben Spaß. Aber ich merke, dass ich langsam mal etwas Urlaub brauche. Urlaub von dem ständigen Wechsel. Zwischen Geldverdienen und Studium. Zwischen den Sprachlosigkeit Lisas und deinen Sorgen, die wir am Telefon besprechen. Oder im Chat.
Ich treffe mich immer noch regelmäßig mit Lisa. Aber zu sagen haben wir uns nichts mehr. Lisa und ich müssten mal über das Thema reden. Aber dafür ist es zu spät. An den Wochenenden sehe ich sie gar nicht. Da ist sie bei ihm. Und unter der Woche hat er keine Zeit. Und da bin ich dann da. Ich habe gar nichts dagegen. Ich besuche sie, bekomme was zu essen und wenn ich will, können Lisa und ich unsere körperlichen Bedürfnisse befriedigen. Und die sind da. Bei mir sind die da. Würde es Lisa nicht geben, würde irgendwann eine kommen, in die ich mich verliebe. Und dann müsste ich entscheiden. Und da würdest du verlieren. Wirklich. Ich bin zwei Monate hier und du seit neuesten 30 km von meinem Geburtsort weg. Wenn ich die zwei Monate bei meinen Eltern bin, wärest du nicht da. Und außerdem werden wir, aus unerfindlichen Gründen, nie ein Paar. Ich kenne die Gründe nicht. Du auch nicht. Darüber haben wir schon mal versucht zu reden, aber wir haben nur herausgefunden, dass es so ist. Und Gründe gibt es keinen. Und der Status wird nicht geändert. Und momentan würde es auch nichts bringen außer das wir bald uns eh wieder trennen würden, weil es über die Distanz nicht klappen kann. Und schon gar nicht, wenn wir uns nie sehen.

Es ist Montagabend. Ich freue mich auf Lisa. Ich weiß, dass es bei ihr immer was Gutes gibt. Ich erwarte keine Sternegerichte. Oft ist es was Einfaches. Was man halt in einer kleinen Einzimmerwohnung mit kleinster Küche Zauber kann. Mit den finanziellen Mitteln, die wir haben. Ich läute an der Tür. Den Schlüssel wollte ich nie haben. Auch wenn sie ihn mir angeboten hat. Sie macht mir auf. Und ich sehe, dass sie sich heute wieder sehr viel Mühe gemacht hat. Ich weiß, dass sie einen Fable für romantische Sachen hat. Aber die Kerzenbeleuchtung und ihr Outfit sind echt gut. Ich begrüße sie mit einem kleinen Kuss. Sie tritt zurück und lässt mich rein.
„Du siehst heute gut aus.“
„Danke.“ Sie lächelt mich an. „Wie war dein Wochenende?“
„So lala. Der übliche Streit um das Aufräumen und Abspülen. Ich habe gelernt und eine Hausarbeit geschrieben. Und dann noch etwas fortgehen.“
„Hast du am Wochenende auch Kontakt mit …“ Sie sagt deinen Namen.
„Klar. Sie war das Wochenende bei ihrem Vater und es hat ihr gut gefallen.“ Was ich nicht sage ist, dass du dich über ihre schwangere Mutter und ihren neuen Lebensgefährten beschwerst. Und das die Schule mistig ist. Und du lieber wieder zu deinem Vater ziehen möchtest, auch wenn dich die neue mit den drei kleinen Kindern gewaltig auf die Nerven gehen. Aber er lehnt das ab. Weil es die Freundin nicht will. Sie will keine Tochter, die nur acht Jahre jünger ist als sie.
„Und wie war dein Wochenende?“
„War super.“ Und dann erzählt sie mir, wo sie am Freitag und Samstag war.

Das Essen über schweigen wir uns an. Jeder hängt seinen Gedanken nach. Ich denke an dich und das, was du mir am Sonntag erzählst hast. Was Lisa durch den Kopf geht, kann ich nicht sagen. Höchstwahrscheinlich wieder die Ursache unserer Sprachlosigkeit.
Ich lege das Besteck weg.
„Das war echt lecker.“
„Das freut mich.“ Lisa lächelt mich an. „Ich habe mir am Wochenende das Buch besorgt, über das du so geschwärmt hast.“
Ich sage den Autor und den Namen.
„Genau den. Ich fand es gut. Vor allem …“
Und so starten Lisa und ich das längste Gespräch seit über einen halben Jahr. Wir analysieren das Buch und ergänzen unsere Gedanken. Ich lese ihr Zitate vor, die mir gut gefallen haben. Und Lisa mir.
Ich sitze auf ihrem Bett und höre ihr zu. Ich stimme ihr zu, dass es ein gutes Zitat ist. Da kommt sie auf mich zu, zieht ihr Kleid hoch, zieht das Höschen aus und setzt sich auf meinen Schoß. Sie beugt sich mit dem Kopf nach unten und küsst mich. Dabei drückt sie ihre nackte Scham gegen meinen Schoß. Ich spüre, wie sich bei mir etwas aufstellt. Und ich spüre ihre Erregung. Ihre Küsse sind fordernd. Verlangen nach mehr. Sie drückt mich aufs Bett. Geht von mir runter. Öffnet mir die Hose. Zieht sie nach unten. Auch meine Unterhose. Sie kniet sich neben mich und nimmt ihn in die Hand. Spielt mit ihm. Und dann nimmt sie ihn in den Mund. Saugt daran. Ich genieße es. Ich atme schwer. Und viel zu schnell ist es vorbei. Ich komme. Zu lange ist nichts gewesen. Naja. Lange. Genau eine Woche ist es her. Die anderen Tage bin ich immer nach Hause gegangen. Mir war nicht danach. Dieses Schweigen hat meine Erregung verscheucht.
Sie lässt ihn los. Sie schaut mich an. Und die Tränen rollen ihr über die Wangen.
„An Freitagabend hat er dir gesagt, dass es jetzt endgültig vorbei ist.“
Sie nickt nur.
„Woher weißt du das?“
„Du hast das Buch am Samstag besorgt und heute schon fertig. Also warst du am Samstag erst spät weg und dann nur kurz.“
„Ich weiß, dass ich dir sehr wehgetan habe mit dem, was da passiert ist.“
„Rede nicht weiter. Es ist für mich gut so, wie es gerade ist. Ich will es nicht ändern.“
„Liegt es an ihr?“
„Ja und nein.“
„Was jetzt.“ Lisa ist verärgert. Sie zieht ihr Kleid runter. Und ich mir die Hose an.
„Wir treffen uns. Und es ist meistens schön. Aber ich bin frei. Und ich will das nicht ändern.“
„Schläfst du mit ihr?“
„Was soll das. Ich habe sie Ostern das letzte Mal gesehen.“
„Schläfst du mit ihr.“ Lisa baut sich vor mir auf.
„Ja! Na und.“
„Du willst sie!“
„Ich wollte sie mal. Aber ich weiß nicht, ob es immer noch so ist. Ich bin einer der heutigen Jugend. Oder jungen Erwachsenen. Ich denke momentan nur an mich. Und da tut mir das gut. Und wenn ich sie sehe und da was ist, dann tut mir das auch gut.“
„Geh!“
Ich packe mein Zeug und gehe. Ich schaue Lisa an und sehe, wie sie still leidet. Ich weiß nicht, wem sie jetzt die Schuld an dem ganzen gibt. Aber sie sieht momentan nicht gut aus. Ich weiß, dass sie mich in ein paar Tagen wieder kontaktieren wird. Und dann wird das von vorne anfangen. Und ich weiß, dass sie das Spiel mitspielen wird, weil sie hofft, dass es wieder gut wird. Aber insgeheim hofft sie, dass der Typ wieder kommt und sie dann endgültig zu sich nimmt. Und sie mich dann schnell vergessen wird.

Vor der Haustür atme ich erst mal durch. War das, was ich oben über dich gesagt habe, jetzt wahr oder habe ich das nur gesagt, um Lisa zu ärgern. Oder empfinde ich jetzt so, weil du auch nur einer dieser jungen Erwachsenen bist. Ich weiß es nicht. Und ich will darüber gar nicht nachdenken. Ich will nach Hause. Und dort einfach nur schlafen. Ohne irgendwelche Sorgen höre zu müssen. Das soll sich jetzt nicht so gemein anhören, wie es gerade heraus gekommen ist. Ich bin einfach nur erledigt. Kaputt. Ich gehe nach Hause. Schaue nicht mal auf dem Handy nach, ob neue Nachrichten gekommen sind. Und lege mich ins Bett und versuche zu schlafen.

Aber das klappt nicht. Ich liege da und starre an die Decke. Ich muss an das denken, was du mir gesagt hast. Was du mir alles erzählt hast, seit du mit deiner Mutter wegziehen musstest. Du wolltest lieber bei deinem Vater bleiben. Aber weder er und deine Mutter wollten es. So wohnst du jetzt in einem kleinen Zimmer. Da passen gerade mal ein Bett rein und ein Schrank. Schreibtisch nicht. Du machst deine Hausaufgaben auf dem Bett. Dein Bruder hat zwar das größere Zimmer, aber dafür musst du immer durch seines, wenn du in dein Zimmer willst. Deine Mutter nervt mit ihrer Schwangerschaft. Einmal ist alles toll und danach beschissen. Und ständig Streitereien zwischen deiner Mutter und ihrem Neuen. Und dann auch noch mit dir. Weil du deine Unzufriedenheit ihr kundtust. Und deiner Mutter ihr Freund nervt dich erst recht. Er ist schleimig. Du magst ihn gar nicht. Du das lässt du ihn auch spüren. Und deine Mutter ist darüber sehr oft aufgebracht. Und dann streitet ihr zwei Euch. Und das geht dir sehr nahe. Und da rührst du dich bei mir und ich höre mir das an. Aber ich kann leider nicht helfen. Ich frage manchmal nach, ob er wirklich so schlimm ist. Und du sagst ja, kannst es aber nicht begründen. Und mit solchen Gedanken im Kopf schlafe ich ein.

Das Läuten des Telefons holt mich aus dem Schlaf. Ich schaue auf den Wecker. Es ist halb drei. Ich schalte das Licht meiner Nachttischlampe an und stehe auf, um nach meinem Handy zu suchen. Natürlich hat es wieder aufgehört zu läuten. Ich kontrolliere, wer mich angerufen hat. Es war Lisa. Sie hat mir eine Nachricht geschrieben. Es tut ihr leid und sie möchte gerne bei mir vorbei kommen. Ich antworte ihr, dass ich jetzt schlafen will. Wir können morgen darüber reden. Natürlich hast du mir auch mindestens eine Nachricht geschrieben. Die letzte Nachricht wird in der Übersicht angezeigt.
„Rühr dich bitte.“
Ich öffne den Chat. Ich lese die letzten Meldungen.
„Rufe mich bitte an, wenn Du das liest.“
„Egal, wie spät es ist.“
„Bitte. Melde dich.“
„Rühr dich bitte.“
Ich scrolle hoch. Und es erscheint eine Nachricht, die deinen Wunsch erklärt.
„Er ist heute bei der Autofahrt aufdringlich geworden.“
Da ich weiß, wenn du mit er meinst, bin ich leicht entsetzt. Ich schreibe dir:
„Bin gerade wach.“
„Was hat er gemacht?“
„Du kannst mich anrufen.“
Ich gehe zurück ins Bett. Ich lege das Handy neben mein Bett auf das Nachtkästchen. Oder das, was ich als Nachtkästchen missbrauch. Ich lege mich hin und knipse das Licht aus. Ich hoffe, dass ich jetzt wieder einschlafen kann. Da läutet schon das Telefon. Zum Glück leuchtet es in der Nacht. Ich nehme es und schaue, wer da anruft. Es ist Lisa wieder. Ich will jetzt da nicht ran gehen. Ich drücke sie weg und schreibe ihr, das ich jetzt schlafen tue. Und ich drehe mich rum und schlafe auch sofort wieder ein.

Und werde wieder durch ein Klingeln geweckt. Ich hole mir das Handy und schaue, wer anruft. Du bist es diesmal. Ich gehe ran.
„Guten Morgen!“ sage ich verschlafen. „Wie spät ist es eigentlich.“
„Das wünsche ich auch. Und es kurz nach sechs. Ist das für den Studenten zu früh?“
Ich höre die Ironie in deiner Stimme. Und du hast Recht. Mist. Die Nacht ist schon wieder vorbei. In ein paar Minuten wäre mein Wecker sowieso losgegangen. Ich bräuchte noch etwas Schlaf.
„Aber warum bist du so früh wach? Du stehst doch normalerweise etwas später auf.“
„Ja. Aber ich wollte vor ihm im Bad sein. Damit ich meine Ruhe vor ihm haben. Aber er ist schon auf. Er schläft normalerweise um diese Zeit noch. Und so kann ich heute nicht früh duschen.“
Ich weiß, dass der Freund von deiner Mutter kurz nach dir aus dem Haus geht.
„Aber erzähle doch mal von vorne.“ bitte ich sie.
„Okay. Gestern Abend war ich mit einer Freundin im Kino. Und meine Mutter hat gesagt, ich soll sie anrufen und mich abholen lassen. Da noch ein paar Jungs mit dabei waren, habe ich mich halt etwas aufreizender angezogen.“
„Dir gefällt einer von denen?“ falle ich ihr ins Wort.
„Ja. Er ist ganz süß. Aber auch nicht mehr.“
„Das glaube ich nicht ganz.“ widerspreche ich ihr
„Ja.“ sagst du etwas kleinlaut. „Du bist die ganze Zeit nicht da und ich sehne mich danach.“
„Das ist ja in Ordnung. Ich verstehe das wirklich.“ versuche ich dich zu beruhigen. „Und jetzt weiter.“
„Ich habe angerufen und meine Mutter hat gesagt, dass er gleich kommt. Sie kann nicht, denn sie fühlt sich nicht gut. Und da ist er halt vor dem Kino aufgetaucht. Phillip hatte den Arm um mich gelegt. Zum Abschied gab er mir einen Kuss.“
Du machst eine Pause. Du hoffst, dass ich dich etwas frage. Ich schweige.
„Warum fragst du nicht?“ In deiner Stimme ist Traurigkeit.
„Was soll ich fragen? Bist du mit ihm zusammen? Seit wann geht das?“
„Ja. So was in der Richtung. Er hat gestern im Kino meine Hand genommen im Film und bei einer Kussszene ist es passiert. Ich fühle mich nicht gut dabei, weil ich fast nichts für ihn empfinde. Es tut einfach nur gut. Die Hand auf meiner zu spüren. Das Gefühl, das entsteht, wenn du geküsst wirst. Scheiße. Ich habe dabei nur an dich gedacht. Und gehofft, du wärst es.“
„Das ist aber nicht das eigentlich Problem?“ frage ich dich.
„Ja. Aber was bin ich, wenn ich so was denke und fühle?“
„Darüber reden wir später. Aber jetzt weiter!“
„Und da kommt er und ich steige ein. Neben ihm. Ich wollte nicht. Aber meine Freundin und ihr Freund wollten unbedingt hinten einsteigen. So musste ich nach vorne. Wir haben beide bei ihr abgesetzt und sind dann weiter gefahren. Wir mussten an einer Ampel halten. Und da hat er seine Hand auf mein Knie gelegt und gesagt: ‚Falls der Typ es nicht bringt, ich mache es dir!‘ Und seine Hand ist höher gewandert. Ich habe ihn gesagt, dass er sofort seine Finger wegnehmen soll. Er hat gelacht. Dann wurde es grün und er musste weiter fahren. Zum Glück war keine Ampel mehr da. Als er dann gehalten hat zum Einparken, bin ich aus dem Auto gesprungen. Ich bin dann hochgerannt und habe es Mutter gesagt, was er gemacht hat. Und sie war nur sauer, weil ich schon wieder so einen Scheiß über ihn erzähle. Und da kam er rein, gibt meiner Mutter einen Kuss und sagt dann zu ihr: ‚Sie ist aus dem Auto gesprungen, als ich einparken musste. Was hat sie wieder erzählt, was ich gemacht habe.‘ Ich bin da nur noch im mein Zimmer und habe die Tür verriegelt. Mit dem Stuhl. Ich habe keinen Schlüssel.“
„Das verstehe ich nicht? War so was schön öfters?“ frage ich nach.
„Ich mag ihn nicht besonders. Und ich bin nicht gerade freundlich zu ihm.“ gibst du zurück
„Das weiß ich ja. Das hast du schon öfters erwähnt. Aber da hast bisher nichts davon erzählt, das er aufdringlich geworden ist.“
„Das war ja auch das erste Mal. Er hat mich immer so komisch angeschaut, wenn ich mal nicht voll bekleidet war. Ich hätte es als lüstern bezeichnet. Er war oft vor der Badetür, wenn ich drin war. So als warte er darauf. Absperren darf ich nicht, weil wir nur ein Bad mit Klo haben. Und da kommt er oft rein. Und darüber habe ich mich beschwert.“
„Und du hast dich nicht nur beschwert, sondern auch gesagt, dass du dich belästigt fühlst. Und er hat das abgestritten.“ gebe ich meinen Gedanken weiter
„Ja. Klar. Ich wäre gar nicht so aus dem Haus gegangen, wenn meine Mutter mir nicht versprochen hätte, das sie mich persönlich abholt.“ gibst du zurück.
„Da hast du ein Problem.“ Ich denke nach und versuche mich zu erinnern, wie die Abendplanung bei dir ist. Aber mir fällt sie nicht ein.
„Bist du heute Abend alleine mit ihm?“
„Ja. Mein Bruder hat Fußball und meine Mutter geht auf Geburtsvorbereitungskurs. Da will er nicht mit.“
„Kannst du heute Abend nicht mal zu einer Freundin gehen?“ frage ich dich.
„Ich habe seit gestern Abend mal wieder Hausarrest. Also muss ich zu Hause bleiben.“
„Und jemand einladen?“ ist meine nächste Frage.
„Nein. Das hat sie auch schon abgelehnt. Ich soll mich mit ihm was zusammen machen. Damit unser Verhältnis besser wird. Aber darauf habe ich keine Lust.“
„Verstehe ich.“
Ich höre, dass an der Tür geklopft wird.
„Ja!“ sagst du.
„Kommst du zum Frühstück?“ Es ist deine Mutter.
„Gleich.“ höre ich dich antworten.
Nach einer Pause sagst du, dass du jetzt mal Schluss machen musst. Und das du dich später noch mal rührst.

Doch du rührst dich nicht später. Ich habe so ein komisches Gefühl. Ich kann es nicht erklären. Auch nicht am nächsten Tag. Online sehe ich dich auch nicht. Auch nicht am Donnerstag. Langsam mache ich mir Sorgen. Oder brauche ich nicht, weil du mal wieder Totalverbot hast. Am Freitag früh ruft mich meine Cousine an. Sie sagt, dass du einen Unfall hattest. Und das du im Krankenhaus liegst. Was Näheres weiß sie auch nicht. Aber sie fährt heute zu dir. Ich sage ihr, dass sie dir schöne liebe Grüße ausrichten soll. Sie fragt mich, ob es nicht noch mehr sein kann. Ich ignoriere es. Am Freitagnachmittag läutet das Telefon. Eine mir unbekannte Nummer aus der Region, wo ich aufgewachsen bin. Ich gehe ran und melde mich. Du sagst auch deinen Namen. Ich bin erst mal sprachlos.
„Bist du noch dran?“
„Klar. Ich war nur total überrascht. Wie geht es Dir?“
„Den Umständen entsprechend. Zum Glück siehst du mich jetzt nicht.“
„So schlimm?“
„Ja. Ein paar Brüche. Und einer ist etwas kompliziert. Aber es wird wieder. Er hatte weniger Glück.“
„Er interessiert mich nicht. Aber was ist passiert.“
„Ich musste auf Befehl meiner Mutter mit ihm mitfahren. Er sollte mich zur Schule bringen. Er ist halt wieder aufdringlich geworden. Und ich habe im Pfefferspray ins Gesicht gesprüht. Und da hat er ein wenig die Kontrolle über das Auto verloren.“
„Du hast was?“
„Pfefferspray in Augen.“
„Das ist keine gute Idee, wenn jemand fährt.“
Du fängst an zu lachen. „Das weiß ich jetzt auch. Was genau passiert ist, kann ich dir nicht sagen. Mir fehlt die Erinnerung.“
„Scheiße.“
„Es hat ein paar Vorteile. Ich ziehe wieder zu meinem Vater. Und wenn du dann kommst, dann bin ich aus dem Krankenhaus. Und dann darfst du mich verwöhnen?“
„In wie fern?“
„Naja. Das eine Bein liegt im Gips. Die beiden Hände sind bandagiert. Und ich will nicht darauf verzichten, wenn Du da bist. Ich freue mich auf deinen Mund, deine Zunge und deinen kleine Freund.“
„Dir geht es schon wieder viel zu gut.“
„Ja. Mein Vater macht die Wohnung über den Großeltern fertig. Und dort habe ich Ruhe. Und er hat nichts dagegen, wenn du oft bei mir bist. Er hat sich beruhigt. Die neue tut im gut. Und mit ihr verstehe ich mich auch gut. Ich freue mich wieder. Und wenn du kommst, dann übernachtest du gleich bei mir und ich werde nur genießen.“
Ich konnte ihr Grinsen fast hören. Und ihre Freude konnte ich spüren.
„Wie heißt es bei ‚Diner for One‘: I do my very best.“
Sie lacht. Und ich auch.